Ruster R – Weinprivileg seit 1524

Die Freistadt Rust und ihr Wein

In kaum einer anderen Gemeinde des heutigen Burgenlandes hatten Weinbau und Weinhandel

einen derartigen Stellenwert wie in der Freistadt Rust. Der Ort wurde wohl um das Jahr 1200 gegründet und 1317 erstmals urkundlich erwähnt. Menschliche Siedlungsspuren auf Ruster Boden lassen sich allerdings bereits seit der Jungsteinzeit (Tausende Jahre vor Christus) nachweisen. Der deutsche Ortsname Rust entspricht dem ungarischen Ortsnamen Szil (für Ulme, Rüster, Rustenbaum). Der heutige ungarische Ortsname Ruszt ist später lautgetreu aus dem deutschen Rust übernommen worden.

Seit dem Spätmittelalter wurde in Rust Wein gepflanzt und schon bald in großen Mengen exportiert.
Ruster Wein gelangte bis nach Böhmen, Mähren, Schlesien, Polen und sogar Norddeutschland. Auch an der kaiserlichen Hoftafel in Wien durfte Ruster Wein nicht fehlen. Die Titanic hatte Ruster Wein an Bord, als sie 1912 im Atlantik sank. Beim Festakt zur Unterzeichnung des Staatsvertrages (1955) wurde ebenfalls Ruster Wein kredenzt.

Ins Jahr 2024 fällt ein besonderes Jubiläum für den Ruster Wein: 1524 erhielt Rust von Königin Maria (1505–1558), der Schwester des österreichischen Landesfürsten Ferdinand I. (1503–1564) und Frau des ungarischen Königs Ludwig II. (1506–1526), ein besonderes Privileg verliehen: Zum Schutz ihres Weines
und als Verbriefung des Rechts zur freien Ausfuhr durften die Ruster fortan ein „R“ auf ihre Fässer einbrennen. Ein Markenzeichen war geboren …

Rust und seine Stadtherrn

Bis zur österreichischen „Landnahme“ 1921 gehörte der burgenländisch-westungarische Raum und damit auch Rust staatsrechtlich zum Königreich Ungarn.

Im Mittelalter finden sich verschiedene Besitzer von Rust. Ab 1317 gelangte Rust durch Schenkungen der ungarischen Könige schrittweise in den Besitz der Familie Héderváry, 1393 wurden die Grafen von St. Georgen-Bösing Teilgrundherren. 1434 brachten sie den Ort zur Gänze an sich und schlossen ihn in der Folge ihrer Grundherrschaft Ungarisch-Altenburg an.

1518 fiel nach dem Tode des Grafen Peter von St. Georgen-Bösing die Herrschaft Ungarisch-Altenburg mit dem Markt Rust an die ungarische Krone. Sie wurde zunächst von Königin Maria, später von ihrem Bruder Ferdinand und seinen Nachfolgern als Königen von Ungarn verwaltet. Rust wurde solcherart habsburgischer Eigenbesitz, der er, abgesehen von zeitweiligen Verpfändungen, letztlich bis zur Freistadterhebung (1681) blieb.

Königin Maria zeichnete also nicht nur für das Ruster „R“ verantwortlich – mit ihr beginnt auch die „habs- burgische“ Geschichte von Rust. Durch Geburt war sie Prinzessin von Kastilien, Österreich sowie Burgund. Aufgrund ihrer 1515 geschlossenen Ehe mit Ludwig II. wurde sie zur Königin von Böhmen und Ungarn. Nach dem Tod ihres Gatten in der Schlacht bei Mohács gegen die Osmanen (1526) verließ Maria Ungarn; ab 1531 war sie Statthalterin der damals im habsburgischen Besitz befindlichen Spanischen Niederlande.

Das Ruster Weinprivileg vom 27. Juni 1524

Mit einem brennenden Eisen soll ein R grundiert werden …

Lateinisches Original

Nos Maria die gracia regina Hungarie et Bohemia etc. memorie commendamus tenore presencium significantes, quibus expedit universis, quod nos ultra alias libertates et privilegia antiqua fidelium nostrorum prudentium et circumspectorum, iudicum et iuratorum civium ac universorum oppidanorum nostrorum presertim in oppido nostru Rwst ad castrum nostrum Owar in comitatu Soproniensi existente adiacentium, commorantium, per divos reges et reginas dicti regni Hungarie nostros scilicet predecessores pie memorie concessas et donata, volentes eisdem civibus et oppidanis nostris ipsorumque heredibus et posteritatibus universis in eodem oppido nostro Rwst residentibus ex reginali gracia nostra speciali benigne consulere victuumque eorundem commo- diori acquisicioni clementer succurrere eisdem id annuendum et concedendum duximus, ut dicti universi cives et oppidani nostri, qui videlicet vineas in promonthoriis eiusdem oppidi nostri Rwst haberent vel in futurum habere possent, ex quibus tempore vindemii vina colligerent et ea in vasis eorum ex hoc regno nostro prefato causa vendicionis deffere et educere et ubicunque locorum vendere vellent, in singulis vasis eorum, quibus vina ipsorum oppidanorum nostrorum et consequenter in promonthoriis prefati oppidi nostri Rwst procreata infunderentur, ad singula vasa vinorum in dicis promonthoriis procreatorum singulos caracteres, unam scilicet literam alphabeti R representantes cum ferro ignito imprimifacere debeant, ut cognoscant singuli atque universi caracteres eosdem inspecturi aut eorum noticiam habituri vina in promonthoriis prenotati oppidi nostri Rwst et non in promonthoriis aliorum oppidorum vel possessionum fuisse procreata. Imo annuimus et concedimus harum nostrarum, quas sigillo nostro, quo ut regina Hungarie utimur, impendenti communiri fecimus manusque nostre proprie apposicione roboravimus. Datum Bude, in festo beati Ladislai regis et confessoris, anno domini millesimo quingentesimo vigesimo quarto, coronacionis nostre anno quarto.

Maria Regina

Freie Übersetzung

Wir Maria von Gottes Gnaden Königin von Ungarn und Böhmen […] haben beschlossen, dass wir – über andere Freiheiten und alte Privilegien hinaus, die unserem treuen und umsichtigen Richter und Rat sowie allen Bürgern und Einwohnern unseres Marktes Rust, der an unsere Burg Owar im Komitat Sopron angrenzt, durch die von Gottes Gnaden waltenden Könige und Königinnen des Königreichs Ungarn, das heißt durch unsere Vorgänger, verliehen und geschenkt wurden – den Bürgern und Marktbewohnern in besagtem Markt Rust sowie ihren Erben und Nachkommen zur Erleichterung ihres Lebensunterhaltes das Recht gewähren, dass alle unsere Bürger und Marktbewohner, die Weingärten in den unsere Stadt umgebenden Hügeln besitzen oder zukünftig besitzen könnten, den nach der Weinlese gewonnenen und in Fässer abgefüllten Wein zum Zweck des Verkaufs ausführen und verkaufen können, wohin auch immer sie wollen; und zum Zweck des einfacheren Handels soll auf jedes der Fässer, in das die Weine unserer Bürger und alle Weine aus den Hügeln unseres Marktes Rust abgefüllt werden, der Alphabet-Buchstabe R mit einem brennenden Eisen grundiert werden, damit jeder diese Zeichen überprüfen kann und Kenntnis davon erhält, dass die Weine aus den Hügeln
unserer oben genannten Stadt Rust entstammen und nicht aus Weinbergen anderer Märkte oder Besitzungen. […] Gegeben in Buda, am Fest des seligen Königs und Bekenners Ladislaus, im Jahr unseres Herrn eintausendfünfhundertvierundzwanzig, im vierten Jahr unserer Krönung.

Königin Maria

Die Ruster Rieden

Rust weist wie die meisten Gemeinden am Westufer des Neusiedler Sees eine typische Siedlungsstruktur auf: An einen als Langstreckenhof gestalteten Bauernhof folgten anschließend die Parzellen des zum Haus gehörigen Hofgrundes („Setzen” genannt). Reichten diese Haussetzen wegen der besonderen Lage von Siedlungsteilen oder aus anderen Gründen nicht aus, den Weingartenbedarf der Bauernlehen zu decken, konnten darüber hinaus noch andere Riede zu „Hausweingärten” deklariert werden.

Besitzer von Hausweingärten konnten nur Ortsbewohner von Rust sein, während in den „Überlandweingärten“ schon im 13. Jahrhundert – besonders stark aber seit dem Spätmittelalter – der Besitz von „Auswärtigen“
eine große Rolle spielte. Die Ruster Rieden waren nämlich in der ganzen Region sehr begehrt; unter ihren historischen Besitzern scheinen zahlreiche Personen aus Städten wie Wr. Neustadt oder Ödenburg auf.

Die Rebfläche von Rust umfasst heute insgesamt über 400 Hektar. Bereits auf historischen Karten sind die alten Riednamen ersichtlich. Sie tragen auch heute noch klingende Namen wie Gertberg, Ludmaisch, Rieglband und Vogelsang. Die kleinflächigen Besitzverhältnisse bringen auch eine landschaftlich reizvolle und abwechslungsreiche Struktur mit sich. Entlang der Wege findet man Rainstreifen und Hecken, in den Weingärten standen Kirsch- und Mandelbäume, die wegen maschineller Bearbeitung der Drahtrahmen- kulturen zum Großteil entfernt werden mussten.

Ein besonderes Klima in einer einzigartigen Kulturlandschaft

Die naturräumliche Lage von Rust schafft hervorragende Voraussetzungen für den Weinbau. Begrenzt durch das Ruster Hügelland, das die Rieden vor Nord- und Westwetterlagen abschirmt, liegen die Ruster Weingärten durchwegs an Süd-Ost-Hängen. Die kesselartige Anordnung der Rebhänge – zum Neusiedler See hin offen – lässt die Trauben voll in den Genuss des vom See bewirkten Kleinklimas kommen.

Die große Wasserfläche spiegelt in den Morgenstunden Licht in die Ruster Reben – somit sind diese anderen immer einen Schritt voraus. Die Jahresdurchschnittstemperatur ist im Vergleich zu nur wenige Kilometer entfernten Regionen um ca. 1° Celsius höher. Durch diese Faktoren begünstigt, ist in jedem Jahr die optimale physiologische Reife der Trauben möglich.

Im Lauf der Jahrhunderte haben die Ruster Weinbauern in langwieriger Knochenarbeit fünf Großterrassen in den Hang geformt und am unteren Ende mit Trockensteinmauern befestigt. Obwohl das Wort Erosion noch nicht bekannt war, stellte dies eine wichtige Maßnahme gegen den Bodenverlust dar. Auf diese Weise sind Natur- und Kulturlandschaft von Rust verantwortlich für die einzigartige Qualität des hier wachsenden Weines.

Das Zollprivileg von 1479

Die Wertschätzung des hier erzeugten Weines verhalf Rust zu besonderen Vorrechten, zur Markterhebung und einer deutlich von anderen Orten der Grundherrschaft abgehobenen privilegierten Stellung. Diese konnte schrittweise zu immer größerer Unabhängigkeit ausgebaut werden. Um 1470 konnte Rust das Marktrecht (und damit verbunden das Recht zur Abhaltung von Wochen- und Jahrmärkten) erlangen und wurde
seither als „oppidum“ bezeichnet.

Diese rechtliche Aufwertung von Rust fiel in die Zeit des ungarischen Königs Matthias Corvinus (1443–1490). Er war ein politischer Gegenspieler des habsburgischen Herrschers Friedrich III. (1415–1493) und konnte in den 1480er Jahren weite Teile des heutigen Österreich erobern. Nach seinem plötzlichen Tod 1490
konnte Friedrich die österreichischen Länder wieder zurückgewinnen.

Auch Matthias Corvinus schätzte den Ruster Wein. 1479 wurde Rust vom sogenannten Dreißigst, dem königlichen Grenzzoll, befreit. Für Rust bedeutete die Befreiung einen großen Vorteil im Weinfernhandel. Die entsprechende Urkunde stellt das älteste Schriftstück im Archiv der Freistadt Rust dar.

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Das R als Brand- und Markenzeichen

Die Weinfernhandelsrechte der Ruster wurden von konkurrierenden Weinbauregionen oft argwöhnisch betrachtet. Zum Schutz ihres Weines und als allgemein verständliche „Verbriefung“ ihrer Rechte wurde der Freistadt Rust daher 1524 das Privileg verliehen, ein „R“ als leicht wiedererkennbares „Markenzeichen“ auf ihre Weinfässer einzubrennen. Auf diese Weise sollte nicht nur die zollfreie Ausfuhr des Weines sichergestellt, sondern gleichzeitig der Missbrauch mit der Marke „Ruster Wein“ verhindert werden.

Dennoch mussten die Ruster immer wieder in der Geschichte, oft gemeinsam mit den gleichfalls am Fernhandel mit Wein beteiligten Märkten Jois und Neusiedl am See, gegen Intrigen von Konkurrenten vorgehen. Besonders die österreichischen Grenzstädte Wiener Neustadt, Bruck an der Leitha und Hainburg verfolgten eigene Interessen im Weinhandel, zumal sie selbst über großen Weingartenbesitz im burgenländisch-westungarischen Raum verfügten. Letzten Endes gingen die Ruster aus diesen Auseinandersetzungen immer siegreich hervor.

Wiederkehrende Bestätigungen

Seit 1524 wurden die Weinhandelsprivilegien der Ruster von verschiedenen habsburgischen Herrschern immer wieder bestätigt. Bereits Ferdinand I., der 1527 zum ungarischen König gekrönt worden war, stellte im Jahr 1533 den Rustern eine prachtvolle Urkunde aus, in der er unter anderem das Privileg seiner Schwester Maria aus dem Jahr 1524 nochmals mit Nachdruck bekräftigte: „acceptamus, approbamus et ratificamus easque et omnia in eis contenta prefatis iudici iuratis ceterisque civibus universis oppidi Rwst“, wie Ferdinand im damals gebräuchlichen „Majestätsplural“ des links abgebildeten Dokuments auf Latein ausführte. Frei übersetzt: „Wir akzeptieren, genehmigen und ratifizieren gegenüber dem Richter und Rat des Marktes Rust sowie allen anderen Bürgern das von Maria ausgestellte Privileg und alles, was an Rechten darin enthalten ist.“

Ähnliche Urkunden wurden im 17. Jahrhundert von weiteren Herrschern ausgestellt, so beispielsweise von Matthias (1557–1619), von Ferdinand II. (1578–1637) und von Ferdinand III. (1608–1657), dessen Porträt sich auf der gegenüberliegenden Seite linker Hand wiederfindet. Auch Leopold I. (1640–1705, rechtes Porträt) bestätigte im Jahr 1660 nochmals die Vorrechte der Ruster. Unter seiner Regentschaft erhielt Rust am
3. Dezember 1681 schließlich auch den Titel „Königliche Freistadt“.

Ruster Tafel aktuell27

Weinhandel vor Jahrhunderten

Für den Export wurden die Fässer des Ruster Weines auf Fuhrwerke und speziell konstruierte „Weinwägen“ verladen. Der Besitz starker Zugpferde bedeutete daher für die Bürger in Rust, vor allem aber für die Bauern in den umliegenden Dörfern die willkommene Gelegenheit, Geld zu verdienen, fremde Länder, Orte und Menschen kennenzulernen, ja sogar familiäre Verbindungen anzuknüpfen.

Der Transport selbst erfolgte auf der „unteren Straße“ über Preßburg oder auf der „oberen Straße“ durch Österreich, wobei die Donau bei Hainburg, Fischamend oder Wien überquert wurde. Zieldestinationen waren die sogenannten „Oberländer“, also Böhmen, Mähren, Schlesien und Polen. Ruster Wein wurde aber bis nach Norddeutschland verkauft.

Zeitweilig wurde der Fernhandel mit Ruster Wein auf bestimmte Durchfuhrquoten durch Österreich beschränkt, vorübergehend war auch der Handel über die Donau nach Oberösterreich und Bayern für eine limitierte Menge gestattet. An unterschiedlichen Punkten der jeweiligen Transportrouten waren dabei Grenzzölle zu entrichten; von einem einheitlichen Wirtschaftsraum war man in dieser Zeit noch weit entfernt. Rust genoss mit den der Stadt zugestandenen Weinhandelsprivilegien daher viele Vorteile.

Erhebung zur Freistadt 1681

Im Jahre 1681 erhielt Rust am Reichstag zu Ödenburg von König Leopold I. das Recht einer königlichen Freistadt verliehen, nachdem man sich bereits zuvor von der Herrschaftsuntertänigkeit freigekauft hatte. Die Ruster bezahlten dafür 60.000 Goldgulden (heutiger Geldwert: mindestens zehn Millionen Euro) und 500 Eimer besten Weines: fast 30.000 Liter Ruster Ausbruch der Sorte Furmint. Der Betrag wurde zum Großteil von der evangelischen Bürgergemeinde der Stadt aufgebracht.

Als „libera regia civitas“ besaß Rust nun drei neue Rechte:

  • die Blutgerichtsbarkeit (ius gladii), also das Recht über Leben und Tod zu urteilen, das bisher der Herrschaft Ungarisch-Altenburg vorbehalten war,
  • die Bekrönung des Marktwappens mit einem königlichen Diadem sowie
  • das Recht, alle Schriftstücke mit einem roten Siegel zu bekräftigen.Dazu kam das Recht der freien Religionsausübung einschließlich Kirchen- und Schulbau. Eine eigene Kirche konnten die evangelischen Ruster allerdings erst wieder 1784 errichten, nachdem ihnen das Erste 1649 erbaute Gotteshaus im Zuge der Gegenreformation weggenommen worden war.

Ruster Ausbruch

Der Begriff „Ausbruch“ bezieht sich auf die händische Selektion der von Edelfäule befallenen Weinbeeren aus den Trauben. Der rosinierte Teil wird herausgebrochen – daher Ausbruch.

Verantwortlich für den Ausbruch ist der Schimmelpilz Botrytis cinerea. Dieser tritt besonders im Spätherbst von niederschlagsreichen Jahren auf und mazeriert die Beerenhäute. Das milde, leicht windige Herbstwetter lässt den Wassergehalt der Beeren verdunsten. Die Thermik rührt von einer wärmeren Wasseroberfläche und einem kühleren Weingebirge her. Natürlicher Zuckergehalt und Extrakt steigen.

Der Ruster Ausbruch als Produktionsmethode stellt mit Abstand die älteste Herkunftsbezeichnung für Wein in Österreich dar. Seit über fünf Jahrhunderten wird die Tradition des Ruster Ausbruchs nun schon ununterbrochen weitergepflegt, was einmalig in der österreichischen Weingeschichte ist. Heute ist der Ruster Ausbruch im Weingesetz einer Trockenbeerenauslese gleichgesetzt, das heißt er muss in Ruster Rieden aus weißen Rebsorten geerntet und in Rust in Flaschen gefüllt werden.

Wein schafft Wohlstand

Historisch war die Sozialstruktur der Stadt Rust zweigeteilt. Aus der Bürgerschaft ragten einige besonders wohlhabende Familien heraus. In Summe konnten im 17. und 18. Jahrhundert etwa 50 Familien ein Adelsprädikat erwerben und durften sich fortan „von“ nennen. Zu ihnen gehörten Bürger, deren Nach- kommen noch heute in Rust ansässig sind. Sie stellten immer wieder Richter und Ratsmitglieder, waren aber oft auch Amtsträger des Komitates.

Diese Ruster Bürgerfamilien waren oft evangelischer Konfession und sehr wohlhabend. Historische Verlassenschaftsabhandlungen, die sich im Ruster Stadtarchiv finden, manifestieren beträchtliche Geld- vermögen, die als Erbe zur Verteilung gelangten. Spitzenwerte lagen bei über 12.000 Gulden – zum Vergleich: ein Eimer des Ruster Exportweines (je nach Maßeinheit ca. 60-70 Liter) kostete Anfang des 17. Jahrhunderts im Schnitt 5 bis 7 Gulden.

Ende des 17. und im 18. Jahrhundert bauten die Ruster Bürger ihre Häuser großzügig um. Zwei Großfeuer, 1643 und 1648, haben diese Entwicklung beschleunigt. Es entstanden die prächtigen Spätrenaissancehäuser, die auch heute noch das Stadtbild und besonders die Hauptstraße dominieren. In Rust wirkten bedeutende Baumeister wie Blasius Rath, Andrä Neuwirth und Ulrich sowie Jakob Meyer.

Ruster Wein – Beliebt in ganz Europa

In Johann Wolfgang von Goethes „Faust“ trinkt Mephistopheles ein Glas Tokajer, um Faust zu verführen. Dieser edelsüße ungarische Wein mit seiner intensiven Süße und den Aromen von Honig und Aprikosen symbolisiert die Versuchung und den moralischen Zwiespalt des Protagonisten.

Auch privat war Goethe (1749–1832) – wie auch sein kongenialer Zeitgenosse Friedrich Schiller (1759–1805) – dem Wein und Weinkonsum durchaus zugetan. Seit früher Jugend trank er regelmäßig Wein, was auch erklärt, dass er viel vertrug und so gut wie nie betrunken war. In einem Brief vom 16. Oktober 1767, also im Alter von 18 Jahren, schreibt er allerdings „dass er besoffen wie eine Bestie gewesen sei“. Exzessives Trinken mit (damals üblichen) nachfolgendem Zertrümmern der Gläser lehnte er aber ab. In diesem Zusammenhang bemerkte er: „Andere schlafen ihren Rausch aus, bei mir steht er auf dem Papier!“

Gemäß noch erhaltenen Rechnungen bezog Goethe regelmäßig Wein aus ganz Europa von insgesamt 40 Weinhändlern aus Frankfurt, Worms, Erfurt und Reims. Darauf angeführt sind nicht nur Weine aus Tokaj und Ofen (heute Budapest), sondern auch aus Rust.

Das Trinken

lernt der Mensch zuerst,

viel später erst das Essen,

drum soll er auch

aus Dankbarkeit

das Trinken nicht vergessen!

Johann Wolfgang von Goethe

Johann Wolfgang von Goethe

Stockweingärten und Drahtrahmenerziehung

Die traditionelle Kultivierungsform von Weintrauben war bis zur Einführung der „Hochkultur“ am Drahtrahmen die Reberziehung am Stock. Die Reben mussten daher unter Schwerstarbeit in Stockkulturen bewirtschaftet werden.

Eine der größten Innovationen im österreichischen Weinbau war die Einführung der Hochkultur, die Drahtrahmenerziehung von Weinstöcken, durch Dr. h.c. Lenz Moser aus Rohrendorf bei Krems.

Die Weingärten konnten von nun an vermehrt mit technischen Geräten bearbeitet werden. Insgesamt verringerte sich der durchschnittliche Arbeitszeitbedarf dadurch pro Hektar und Jahr von 1.925 Arbeitskraft- stunden bei der Stockkultur auf 585 Stunden bei der Hochkultur.

Aufgrund der enormen Arbeitsersparnis war die Umstellung von der Stockkultur zur Hochkultur österreich- weit bereits in den 1970er Jahren weitgehend vollzogen. Traktoren ersetzten Pferdefuhrwerke und durch den Einsatz weiterer landwirtschaftlicher Geräte wurden auch in Rust Arbeitskräfte frei. Sie waren gezwungen, sich in Industriebetrieben der nahen Landeshauptstadt Eisenstadt oder in Wien neu zu orientieren und wurden somit zu Tages- oder Wochenpendlern.

Arbeit im Weingarten

Weinbau war und ist sehr arbeitsintensiv. Die Arbeit in den Ruster Weingärten erfordert daher oft den Einsatz vieler „helfender Hände“ – sowie der gesamten Familie.

Um eine qualitativ hochwertige Ernte zu erzielen, sind zur Pflege der Kulturen während des gesamten Jahres die unterschiedlichsten Arbeitsvorgänge notwendig. Nach der Weinlese beginnt der Winzer mit dem Rebschnitt und legt bereits im Spätherbst die Basis für die nächste Ernte. Im Frühjahr werden die Strecker (meist nur eine, höchstens zwei Reben, in der Länge von acht bis zehn Augen, die vom alten „Holz“ am Stock belassen werden) in behutsamer Handarbeit gebunden. Danach erfolgt die Bodenpflege mit dem
der Rebe und Kultur angepassten Düngung. Entsprechend dem Zeitplan der Natur werden bis zur Weinlese die notwendigen Laubarbeiten verrichtet.

Ein besonderes Einfühlungsvermögen erfordert die Bekämpfung der Schädlinge, zumal oft Stunden für den weiteren Wachstumsverlauf der Triebe und der damit verbundenen Traubenreife entscheidend sein können. Wenige Wochen vor der Ernte muss noch die „Spreu vom Weizen“ getrennt, also die sogenannte Ausdüngung der Trauben erfolgen, denn nur aus gesunden und reifen Trauben kann der qualitativ hochwertige Ruster Wein gewonnen werden.

Im Weingarten ist nicht nur harte Arbeit angesagt. Der Winzer muss auch mit der Natur im Einklang stehen, um einen edlen Tropfen – der wahre Gaumenfreuden bereitet – ins Glas zu bringen.

Weinlese

Den Höhepunkt des Arbeitsjahres im Weingarten stellte und stellt die Weinlese dar. Sie bedeutete für alle Beteiligten – Familie, Freunde, Erntehelfer – immer auch ein soziales Ereignis.

Begann die Ernte der Trauben vor einigen Jahrzehnten meist nicht vor dem 1. Oktober, so hat sich dieser Zeitpunkt mittlerweile weit nach vorne verlagert. Um die Wünsche der Konsumenten zu erfüllen, wird je nach Witterung bereits in der letzten Augustwoche mit der Lese für Jungwein und Most (Traubensaft) begonnen. Mit der Entscheidung über den Beginn der Ernte kann der Winzer auf die Qualität und den gewünschten Weintyp Einfluss nehmen. Dadurch werden neben dem Reifegrad der Trauben auch die Witterungsverhältnisse, der Gesundheitszustand der Trauben sowie der Verwendungszweck berücksichtigt. Spätestens mit dem Eintreten der Bukett- bzw. der Vollreife setzt die Hauptlese ein.

Darüber hinaus war für Rust immer die Spätlese von besonderer Bedeutung. Die Trauben werden bei besonders günstigen Wetterbedingungen, sprich einem milden, sonnigen Herbst, über die normale Lesezeit hinaus am Stock belassen. Diese Weine werden als Prädikatsweine (Spätlese, Auslese, Beerenauslese, Ausbruch, Trockenbeerenauslese sowie Eiswein, der jedoch wegen des Klimawandels nicht jährlich geerntet werden kann) bezeichnet.

Qualitätsprodukte

Die Weinrebe selbst stellt zwar keine sehr hohen Ansprüche an die Bodenbeschaffenheit, jedoch können sie Frost und Trockenheit in ihrem Wachstum und der damit verbundenen Reife der Trauben stark beeinträchtigen.

Die Ruster Rieden scheinen durch die besondere Lage sowie das pannonische Klima für den Weinbau in jeder Hinsicht bestens geeignet. Kalte Winter, in denen die Rebstöcke durch tiefe Temperaturen nennenswerten Schaden erleiden, gab es in den letzten Jahren nicht. Minusgrade im Frühjahr schaden den Kulturen weit mehr, weil der Frost das Wachstum der noch jungen Triebe beeinträchtigt.

Doch die Ruster Winzer finden durch ihre Erfahrung und nicht zuletzt deshalb, weil sie ihren Beruf zugleich als Berufung betrachten, den besten Umgang mit der Natur. Sie arbeiten seit Jahrhunderten nach dem Motto: „Qualität vor Quantität“ – wodurch Ruster Wein Weltruf erlangte.

Um die für Rust bekannte und hochwertige Qualität des Weines nicht nur zu erhalten, sondern nach Möglichkeit weiter zu verbessern, werden seit jeher nur reife und gesunde Trauben geerntet – mit Ausnahme des Ruster Ausbruchs, dessen Grundlage der Befall der Beeren mit der natürlichen Edelfäule Botrytis cinerea ist.

Festkultur – Weinlesefeste in Rust

Feste zu besonderen Anlässen haben in Rust eine lange Tradition. Dazu zählt das Weinlesefest als eine der ältesten Veranstaltungen der Stadt. Altbürgermeister Heribert Artinger berichtet in der von ihm verfassten Chronik, dass der 1. Ruster Männergesangverein am 20. Oktober 1920 nach längerer Pause wieder ein Weinlesefest veranstaltet hat. Die Weinbauern schmückten ihre Wägen, die vorerst von Pferden und später von Traktoren gezogen wurden. Auf den Ladeflächen saßen zum Teil verkleidete Winzerinnen, verabreichten Wein und Obst und feierten mit den zahlreichen Gästen das Ende der Weinlese. Der Festzug „wälzte“ sich durch die halbe Stadt zum Rathausplatz, wo dann meist zum Tanz aufgespielt wurde.

Die Weinlesekönigin genoss bei diesen Festen immer ein besonderes Privileg, weil der Platz auf dem am schönsten geschmückten Wagen für sie reserviert war. Das linke Bild – vermutlich aus dem Jahre 1953 – zeigt die „Regentin“ wie sie auf einer nachgebauten Erdkugel ebenso wagemutig wie stolz thront und auf die zahlreichen Festgäste blickt.

Unterbrochen wurde das traditionelle Weinlesefest durch den Zweiten Weltkrieg. Obwohl den Rustern aufgrund der Wirren des Krieges oft das Nötigste zum Leben fehlte, sollte eine Rückkehr zur „Normalität“ ermöglicht werden. Man wollte den Menschen wieder Hoffnung für eine Wende zum Besseren zu geben, krönte eine Weinlesekönigin und veranstaltete das erste Weinlesefest nach Kriegsende bereits am 20. Oktober 1946. Das Fest hatte bald einen festen Platz im Veranstaltungskalender der Freistadt Rust gefunden und lockte bis Mitte der 1960er Jahre zahlreiche Besucher aus nah und fern nach Rust.

Weinverkauf im 20. Jahrhundert

Ertrag und Reife der Trauben sind witterungsbedingt nicht in jedem Jahr gleich, die Preise für Flaschen- und Fassweine weisen je nach Angebot und Nachfrage ebenfalls eine große Schwankungsbreite auf. Deshalb haben die Winzer nach alter Überlieferung, vor allem in der Zwischen- sowie in der Nachkriegszeit, ihr Budget über drei Jahre erstellt und wie folgt berechnet: „Eine Ernte im Keller, eine Ernte im Weingarten und eine Ernte auf der Bank“.

Vermarkteten viele Betriebe ihre Weine bis in die 1970er Jahre im Gebinde – der bereits verkaufte Wein blieb im Fass und lagerte bis zur Abholung durch den Käufer im Keller des Winzers –, so hat sich dies mit der zunehmenden Motorisierung sowie durch den Weinskandal (1985) grundlegend geändert. Die Betriebe füllen den edlen Rebensaft in Flaschen, treten meist als Selbstvermarkter auf und bringen ihr Produkt persönlich zum Kunden. Dadurch können sie zum einen ihre Weine zu gerechten Preisen verkaufen und zum anderen schützen sie ihre Produkte vor Verfälschung durch Kriminelle. Durch die zunehmende Globalisierung konnten einige Ruster Betriebe bereits Kunden auf anderen Kontinenten wie etwa in Japan, China oder Kanada gewinnen.

Ein Blick in historische Verkaufsprospekte aus den 1930er Jahren zeigt die Sortenvielfalt und damaligen Preise des Ruster Weines. Man sieht, dass der Verkauf in Flaschen anstelle der traditionellen Vermarktung im Gebinde (also in Fässern) bereits in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts begonnen hat.

Die Ruster Goldene Weinwoche

Erfreuten sich die traditionellen Weinlesefeste bis in die frühen 1960er Jahre großer Beliebtheit, so schwand das Interesse zusehends. Die Menschen wollten offensichtlich etwas Neues, weshalb mach sich schweren Herzens entschloss, dieses Fest nicht mehr zu veranstalten. Doch die Ruster blieben nicht untätig und suchten nach einer Veranstaltung, die Einheimische und Urlauber gleichermaßen begeistern sollte.

Nach reiflicher Überlegung fasste man den Entschluss, ein über 10 Tage dauerndes Fest zu veranstalten. Die Organisation übernahmen Weinbau- und Sportverein, mit dem Rathausplatz war schnell ein geeigneter Ort für diese Veranstaltung gefunden. Doch wie sollte man dieses Fest benennen? Der Begriff Weinkost schien für Rust aufgrund seiner erlesenen, sortenreinen Weine zu wenig attraktiv. Schlussendlich erinnerte man sich, dass Ruster Winzer bei der Prämierung ihrer Weine zahlreiche Goldmedaillen errungen hatten. Somit erübrigte sich jede weitere Diskussion und die Ruster „Goldene Weinwoche“ war schnell zum Fest geworden, das man nicht versäumen durfte.

Beginnend mit dem Jahr 1969 kamen Tausende Besucher in die „Storchenstadt“, um auf dem Rathausplatz in einem großen Festzelt, das vorerst aus Holz- und später aus einem Stahlgerüst bestand, erlesene Ruster Weine zu verkosten. Unter dem „strengen Blick der Störche“, die auf den Dächern der Altstadt wachten, verbrachten sie so manchen unvergesslichen Abend. Für die Kulinarik sorgte der Gastwirt Marsoner, dessen ausgezeichnete Brathühner bald weit über das Burgenland hinaus bekannt waren. Insgesamt mehr als 50 Mal wurde die „Goldene Weinwoche“ bislang veranstaltet; das vorerst letzte Fest fand im Jahr 2022 statt.

Aus der Traube in die Tonne

„Aus der Traube in die Tonne, aus der Tonne in das Fass. Aus dem Fasse dann O Wonne, in die Flasche in das Glas“. So lautet die erste Strophe des gleichnamigen Liedes von Kurt Ließman (1902–1983), das auch die Ruster Hymne genannt wird. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit wird dieses Lied bei Auftritten des 1. Ruster Männergesangvereines zum Besten gegeben.

Bis der edle Tropfen in das Glas kommt, müssen die Winzer in ihren Kellern nicht nur manuell hart arbeiten. Es braucht vor allem viel Erfahrung und beginnt bereits beim Pressen der Trauben. Jeder Winzer hütet seine Vorgangsweise „von der Tonne bis zum Glas“ wie ein Geheimnis, jede Sorte soll ihren eigenen Geschmack behalten und den Winzer schlussendlich für seinen hervorragenden Wein auszeichnen.

Deshalb lagern in teils historischen Kellergewölben wahre Schätze der Ruster Weinbauern, denn jeder Jahrgang hat seine Eigenheiten. „Kellerwanderungen“ erfreuen sich heute großer Beliebtheit und sollten bei einem Besuch in der Freistadt Rust Teil des Programms sein. Somit lässt sich die Kellerarbeit schön mit der 4. Strophe des Liedes von Karl Ließmann abschließen: „Und im nächsten Frühling wieder, fallen dann die Lieder fein. Nun als Tau auf Reben nieder, und sie werden wieder Wein“.

Flüssiges Gold

Dass Ruster Weine bereits seit mehr als 500 Jahren weltweit gefragt sind, ist nicht nur der harten Arbeit der Winzer dieser Stadt geschuldet. Sie haben schon vor Jahrhunderten erkannt, dass Qualität höchste Priorität hat. Und diese Qualität lässt sich nur mit sortenreinen Weinen erzielen. Doch der Konsument schätzt nicht nur die Eigenart von Furmint, Muskateller oder Riesling. Auch die Nachfrage nach Cuvée ist ungebrochen. Für das Keltern dieses aus verschiedenen Sorten „zusammengesetzten“ Weines ist viel Erfahrung und Können notwendig – vergleichbar mit der Tätigkeit eines Komponisten, der die Noten eines Musikstückes präzise aufeinander abstimmt.

Wein stellte vor allem in Krisenzeiten auch eine Wertanlage dar und wird deshalb oft als flüssiges Gold bezeichnet. Als es nach dem Krieg an Lebensmitteln und sonstigen Gütern des täglichen Gebrauches fehlte, galt Wein als ideales Tauschobjekt. Für Wein bekam man auf dem Schwarzmarkt viele Artikel, die man sonst im freien Handel nicht kaufen konnte.

Viele Winzer haben in ihren Betrieben Vinotheken eingerichtet. Zudem lagern Jahrgänge früherer Jahrzehnte in den Kellern der Ruster Weinbauern. Heute sind diese Weine oft kostbare Raritäten und bei Weinliebhabern sehr gefragt. Für den Winzer sind sei ebenfalls sehr wertvoll, weil sie auf dem Markt als hochpreisig gelten und deshalb eine „eiserne Reserve“ bilden können.

Die Ruster Weinköniginnen

Die Ruster Winzer legen auf die Vermarktung ihres Weines seit Jahrhunderten größten Wert, wovon nicht zuletzt das 1524 verliehene „R“ zeugt. Markenwerbung für den Ruster Wein existiert schon seit Jahrhunderten, wenn auch angepasst an die jeweilige Zeitepoche. Im Mittelalter geschah dies vor allem durch Mundpropaganda, wodurch man jedoch nur einen relativ geringen Teil der Menschen erreichen konnte. Als sich mit Beginn des 20. Jahrhunderts die Printmedien über eine stetig steigende Leserschaft erfreuten, versuchte man auch dort präsent zu sein.

Dies gelang den Ruster Winzern mit dem Weinlesefest, das sowohl von Ortsansässigen als auch von Gästen aus der Umgebung gerne besucht wurde. Das Fest fand mit der Krönung der Weinlesekönigin als fortan offizieller Repräsentantin des Ruster Weines seinen Höhepunkt. Da die Presse von diesem gesellschaftlichen Ereignis ausführlich berichtete, konnte der Bekanntheitsgrad des Ruster Weines weiter gesteigert werden.

Um auch den burgenländischen Wein zu bewerben, wurde Maria Tinhof aus St. Georgen am 25. August 1965 zur 1. Burgenländischen Weinkönigin gekrönt. Doch die Freistadt Rust blieb nicht untätig, nützte bald auch diese Werbeschiene und stellte bereits zwei Jahre danach mit Irmgard Karassowitsch erstmals eine burgen- ländische Weinkönigin. Ihr folgten Heidi Schröck (1980–1982) und Claudia Bachkönig (1994–1996).

Die Weinakademie Österreich in Rust

Wie bei so vielen Entwicklungen der jüngeren österreichischen Weingeschichte war der sogenannte Weinskandal im Jahr 1985 auch Auslöser des Prozesses, der zur Gründung der Weinakademie Österreich führte.

In den 1980er Jahren suchte die damalige Weinwerbung Burgenland unter Agrarlandesrat Paul Rittsteuer nach einem Standort für ein neues Ausbildungs- und Kompetenzzentrum – und wurde in Rust fündig. Als geradezu ideal erwies sich das historische Gebäude des „Seehofes“, in dem früher unter anderem die Hauptschule von Rust untergebracht war. Mit 1. Januar 1989 nahm das „Haus des burgenländischen Weines“ schließlich seine Tätigkeit auf und wurde schon bald in „Weinakademie Burgenland“ umbenannt. Im Jahr 1991 wurde diese zur „Weinakademie Österreich“, die nach umfangreichen Umbauarbeiten in der Amtszeit von Bürgermeister Heribert Artinger bis heute im Seehof beheimatet ist.

Die Weinakademie Österreich bietet für Laien und Fortgeschrittene professionelle Seminare an, die in der höchsten Ausbildungsstufe mit dem Diplom „Weinakademiker“ abschließen. Darüber hinaus veranstaltet die Weinakademie eine Vielzahl von Kursen, die für alle Erwachsenen zugänglich sind und keine Vorqualifikation erfordern. Das Spektrum reicht von Kurzseminaren wie dem „1×1 des Weinverkostens“ über einen „Wein- schnuppertag“, den „Wine & Cheese Weekends“ bis zu ganzjährigen praxisorientierten Veranstaltungen für private Weinliebhaber im Bereich Weinbau und Önologie, die sogenannten „Winzerjahreskurse“.

Die Ruster Weine heute

Bis heute spielt der Weinbau in Rust eine zentrale Rolle: Traditionsbewusste Familienbetriebe produzieren auf der städtischen Rebfläche hochwertige Weiß-, Rot- und natürlich Süßweine mit einmaliger Stilistik.

Die naturräumliche Lage von Rust am „Klimaregulator“ Neusiedler See und die besonderen Böden schaffen die Voraussetzungen für Spitzenweine. Die Nordhälfte des Ruster „Hotters“ ist geprägt von Kalk mit Lehmauflage – also ideal für die Leitsorte Blaufränkisch. Im Süden hingegen dominiert der typische „Ruster Schotter“, ein Schieferverwitterungsboden mit zahlreichen Quarzvorkommen. Hier finden sich mehrheitlich die feingliedrigen Weißweinsorten, so auch der traditionelle Furmint, mit dem im Jahr 1681 Ruster Geschichte geschrieben wurde. Beginnend mit dem Jahrgang 2017 wurde die Freistadt Rust zudem als erste und einzige Gemeinde mit einem eigenen Süßwein-DAC ausgestattet – Ruster Ausbruch DAC.

Die Ruster Winzer bieten aufgrund der einzigartigen Lage ihres Weinbaugebietes den Konsumenten heute ein ausgesprochen breites Sortiment an verschiedenen Weinen an. Weißburgunder findet sich ebenso wie Chardonnay, Riesling und Sauvignon Blanc, der Zweigelt ist ebenso anzutreffen wie der Merlot.

Modernes Weinmarketing

Im pannonischen Klima des Burgenlands entstehen mit dem Know-how und Herzblut der hier ansässigen Winzerinnen und Winzer international renommierte Rot-, Weiß- und Süßweine. Jedes der sechs burgenlän- dischen Weinbaugebiete bringt eigene, außergewöhnliche Charaktere hervor. Die Ruster Weinbauern und der Verein Ruster Ausbruch DAC stehen als Garanten für die lange Tradition und die stetige Weiterentwicklung der Ruster Weine.

Kaum eine andere burgenländische Weinbaugemeinde ist zudem so eng mit dem Tourismus verknüpft wie Rust. Und so vielfältig wie die Weinbaufluren der Ruster „Riedenarena“ sind auch die Vermarktungswege der Weinbaubetriebe. In und rund um die denkmalgeschützte Ruster Altstadt spielt der „Ab Hof “-Verkauf nach wie vor eine große Rolle. Etliche Betriebe haben auch eine eigene (Heurigen)-Gastronomie als zusätzliches Standbein zum Weinverkauf.

Die burgenländischen Wein- und Tourismusinstitutionen tragen ebenfalls ihren Teil zum Fortschritt der Ruster Weinwirtschaft bei. Nicht zuletzt wird dies anhand von prägnanten Plakatserien – wie hier mit Nicholas Ofczarek – ersichtlich. Veranstaltungen wie die „Ruster Weinschätze“ im Frühjahr und „Ruster Herbst Zeitlos“ Ende Oktober/Anfang November sind mittlerweile feste Bestandteile des Ruster Weinjahres geworden. Sie laden dazu ein, den Ruster Wein nach Lust und Laune direkt bei den Weinbauern der Freistadt zu verkosten.

Für den Inhalt verantwortlich: Wolfgang Bachkönig, Martin Krenn